Samstag, 25. April 2015

Klein, schlecht, unbedeutend... der deutsche Film.

Der deutsche (Kurz)film ist klein (aus Mangel an Zuschauern), schlecht (aus Mangel an Budget) und ergo damit auch völlig unbedeutend. In diesem Sinne werden Filmemacher in Deutschland aufgezogen. Bedeutung alleine gewinnt ein deutscher Film auf Festivals durch die ausgewählte Fachjury - nicht aber durch die Besucher an der Kinokasse. Denn Geld verdienen ist nicht, vielleicht ein paar Scheine von der Filmförderung (denn ohne die geht gar nichts), ein kleines Preisgeld oder wenn man seinen Film eben ans Fernsehen verkaufen kann (also mache am besten was über die Nazi-Vergangenheit deiner (Groß)eltern oder eine Komödie mit Furzen und Travestie oder halt was, das gerade gut geht). Wer sich so oft und so intensiv mit Filmemachern wie ich unterhält, kommt letztendlich zu genau diesem Schluss. Keine Ahnung in welchem Semester das einem Filmstudenten oder Auszubildenden im Bereich Medien ins Hirn gepflanzt wird - ist aber so und das ist traurig.

Nach der zweiten und vor allem nach der dritten Filmnacht wurde ich öffentlich oder persönlich von vielen Filmemachern angegriffen. Also nicht vom Publikum, das 6,- EUR für den Eintritt zahlte (denen hat´s nämlich vorwiegend gut gefallen), sondern von genau denen, für die ich das Event veranstalte. Ehrlich gesagt, hatte ich mir bis dato keinen Kopf gemacht, ob ein Filmemacher MÄNNLICH oder WEIBLICH ist. Ich habe mir nur den Film angesehen. Ich habe mich auch nicht darum gekümmert, ob er jung oder alt, groß oder klein, behindert oder nicht behindert, studiert oder nicht studiert ist - oder welche sexuelle Ausrichtung er hat oder welche Religion oder welche Hautfarbe. War für mich kein Thema. Schwerer Fehler. Geht nicht. Ich soll Quoten erfüllen - dumm nur, wenn es für die jeweilige Sparte keine Bewerber gibt. Es geht den Filmemachern nicht darum einen schönen Filmabend zu haben.

Zweiter schwerer Fehler: ich habe versucht echte Kinobesucher in diese Filme zu bringen. Sehr dumm von mir und stillos den längst eingeschworenen Zirkel aus Filmemachern und Jury durchbrechen zu wollen. Also den Versuch zu starten Menschen für den oben beschriebenen deutschen (Kurz)film zu begeistern, die sich längst davon abgewandt haben. Die haben sich aber nicht davon abgewandt, weil das Produkt schlecht ist, sondern weil es von den Machern selbst zerredet wird, klein gemacht, eben als unbedeutend abgestempelt (während man hingegen die eigene Person immer unglaublich gut ins Licht rückt). Man wird tatsächlich kritisiert beim Versuch das zu unrecht schlechte Image eines eigentlich guten Produktes zu heben - von den Machern dieses Produktes. Leute, wenn ihr euch selbst nicht mögt, dann mögen euch die anderen auch nicht.

Ich werde und will hier niemanden, der sich viel Zeit, eine lange Fahrt und etliche Mühe gemacht hat in den Rücken fallen - also auch nicht meinem unglücklichen Moderator. Wer bei der letzten Filmnacht dabei war, weiß, dass die Moderation von mir in stundenlanger Arbeit komplett und sinnig vorbereitet wurde - und auch recht annehmbar vorgetragen worden ist. Auch für diese Filmnacht gab es genau so ein wohlüberlegtes und ausgearbeitetes Skript - in dem die beiden Promis durchaus Sinn gemacht hätten. Ja, es hat mit diesem Vortrag durch einen der beiden Moderatoren nicht so geklappt wie geplant und geübt. Mea culpa - ich habe den falschen Cast besetzt oder dieser Cast hatte zumindest an diesem Abend ein Brett vor dem Kopf. Die Introfilme der Moderatoren waren allein dazu gedacht, die Zuschauer auf den beginnenden Block aufmerksam zu machen und so schneller auf die Plätze zu bringen, damit man eben auch schneller anfangen kann. Jede Kette ist so schwach oder stark wie das schwächste Glied. Hatte ich bei der ersten Veranstaltung gesehen, habe ich jetzt trotz größter Vorbereitung wieder lernen müssen. An Zeit und Vorbereitung hat es nicht gemangelt, dass der Vortrag scheiterte. Letztendlich bleibt zum Schluss nur eine Frage übrig: kann ein einzelner Macher mit der lieben und großzügigen Unterstützung weniger so ein Event durchziehen oder nicht. Kann man ohne jegliche Mittel etwas bewirken - und will man das überhaupt noch? Über diese Frage werde ich in den nächsten Wochen nachdenken.

Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, dass Kino oder besser gesagt das Event Kino sich über die Zuschauer definiert und nicht vom Zuschauer losgelöst als Veranstaltung von Filmemachern für Filmemacher existieren kann. Wer das Event so verstanden hat, dass sich hier wieder Filmemacher die Filme anderer Filmemacher anschauen - und dem Motto "Netter Filmabend unter Filmemachern" - der irrt. Filmemacher sollen hier und wieder auf echtes Publikum treffen.Wenn ein Aussteller im Foyer mir allein durch seine Anwesenheit Publikum ins Kino bringt, das mir im Nachhinein bestätigt, dass es a) ohne diese Anwesenheit niemals gekommen wäre und b) jetzt von Filmen begeistert ist, die es sonst niemals angeschaut hätte - dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Wenn ich durch die Anwesenheit unserer regionalen Promis, Platz in der regionale Presse bekomme, den ich sonst nur durch Anzeigenschaltung mit Geld, das einfach nicht zur Verfügung steht, bekomme, dann weiß ich, dass ich diesen Weg gehen muss. Wenn Sportler, die wirklich etwas in ihrer Karriere erreicht haben, sich für dieses Event engagieren und aus Interesse kommen (und von sich aus angeboten haben, ihre eigene Kinokarte zu bezahlen!!) - dann werde ich die weiter auf die Bühne holen. Filmemacher, die von und mit ihren Filmen kein Geld verdienen oder existieren wollen, brauchen keine Zuschauer - alle anderen eben schon. Dazu gehört eben auch etwas Show und Glamour.

Ja - über mehr weibliche Filmemacher würden wir uns alle sehr freuen (können wir nur nicht aus dem Hut zaubern, wenn sich keine bewerben). Wir hätten an diesem Abend zwei Beiträge von Damen mehr gehabt, wenn diese sich nach ihrer Bewerbung auf meine Einladung zurück gemeldet hätten - haben sie aber nicht. Generell freue ich mich aber über gute Filme (egal, ob von männlichen oder weiblichen Produzenten) - und davor gab es reichlich an diesem Abend (auch wenn der eine oder andere dem einen oder anderen nicht gefallen hat - aber das ist nun mal so) - und am meisten freue ich mich über ein volles Kino (nicht wegen dem verkauften Ticket, sondern wegen der Plattform). Dazu muss man seinen Gästen etwas bieten, das habe ich versucht - und wenn dann zwei Minuten im Rahmenprogramm auf die ganz, ganz wenigen Stuttgarter Promis, die es gibt, verwendet werden, finde ich das okay. Was Infos zu den Filmen angeht - ich führe (leider war es dieses Mal nicht mit allen Filmemachern möglich) im Vorfeld ein ca. einstündiges Interview mit den Verantwortlichen eines Beitrages. Das Interview ist LIVE im Stream zu sehen und gleich darauf bei YT als Aufzeichnung. Es gibt hier genug Bilder, Infos, Synopsis zu lesen. Macht alles Arbeit, wurde aber bereits 20 000 Mal geklickt. An der Stuttgarter Filmnacht möchte ich eben möglichst viele Filme zeigen und (ehrlich gesagt) keine Filmemacher stundenlang quatschen hören. Dazu gibt es eine Pause und viel Zeit vor und nach den Filmen. Das ist eben kein Filmfestival oder Wettbewerb (was auch überall erwähnt ist) - das ist und soll und wird auch zukünftig Entertainment für die Kinobesucher bleiben. Ich denke vor allem daran mangelt es dem unpopulären deutschen Film (oder zumindest dem Klischee des deutschen Films, der nicht Komödie ist): den Zuschauer und Kinobesucher in den Fokus zu nehmen - und nicht den Filmemacher.

Für mich ist das aktuell gelebte System eine Spirale, eine funktionierende Strategie der Entmachtung: deutsche Filmemacher und deutsche Kinobesucher müssen sich immer weiter von einander entfernen. Dazu macht man aus den Filmemachern eine unbezahlte, stets frustrierte Elite hochgeistiger filmischer Freimaurer, die ihre geheimen Zirkel und Treffen abhalten - und die Zuschauer sollen bitte weiter vorwiegend amerikanische Produktionen und vielleicht mal was aus Frankreich anschauen, wenn´s dort gut lief.

Eine Filmnacht mit Beiträgen von regionalen Filmemachern, die von Prominenten besucht wird, bei der es ein Rahmenprogramm,Gratis-Sekt und Gratis-Cup Cakes gibt. Nee - geht gar nicht. Könnte sich ja ein Besucher hin verirren und den Umsatz von WarnerBros. gefährden oder so was in der Art. Bitte nicht. Machen wir also weiter wie bisher und gut ist. Letzthin habe ich Martin Pitt im Interview gesagt, dass ich mich für den freisten Menschen auf dieser Welt halte. Ich habe vergessen zu erwähnen, dass jeder den Preis für soviel Freiheit bezahlen muss - die gibt es nämlich nicht umsonst, auch nicht oder gerade in Deutschland. Für meine Sache bin ich bereit den Preis zu bezahlen, viele andere sind es nicht. Die machen sich lieber kaputt und andere gleich mit.

Nein, tut mir leid. Das Kuschen ist nicht mein Ding. Das Unterdrücken der deutschen Filmemacher ist nicht mein Ziel. Ja - ich führe jetzt eine Art Quote ein, die ich streng überwachen werde: wer den Text bisher gelesen hat, weiß, welche Quote ich damit meine. Wer keinen Bock auf das Event Kino und Film hat, bleibt bitte zuhause und schickt mir keine Bewerbung. Macht Euch weiterhin klein, schlecht und unbedeutend. Versteckt Euch in kleinen, dunklen Kinos und unter Eures Gleichen. Danke!